Holzschnitt
Der Holzschnitt ist eine Hochdruck-Technik.
Aus einem hölzernen Block werden reliefartig Teile herausgeschnitten. Die
bleibenden erhabenen Stellen werden eingefärbt und mit der Hand oder mit
Hilfe einer Presse auf ein Papier gedruckt, wobei ein seiterverkehrter Abdruck
entsteht.
Geschichte
China
Die Anfänge des Holzschnitts und damit des Druckens insgesamt
liegen in China. Vorstufen dazu waren der Gebrauch von geschnittenen und geformten
Stempeln und Siegeln. Die Grundbedingung für die Entwicklung des Holzschnitts
war die Entwicklung des Papiers, die auf das Jahr 105 n. Chr.
in China datiert wird. Als eine erste "druckgraphische" Technik entstand
dort die Steinabreibung: mit Kalligraphien, später auch
mit bildlichen Darstellungen eingravierte Steine wurden mit einem feuchten Papier
überzogen und dieses in trockenen Zustand mit Tusche abgerieben, wobei
die tieferliegenden Stellen weiß blieben.
In der Folge oder parallel dazu entwickelte sich der Holzschnitt.
Das erste klar datierbare chinesische Holzschnittbuch, das Diamant-Sutra aus
Dunhuang, das auf 868 datiert ist, ist technisch so weit entwickelt, dass auf
eine weitaus frühere eigentliche Entstehung des Holzschnitts geschlossen
werden muss. Der älteste erhaltene Holzschnitt stammt aus einem koreanischen
Tempel, der auf 751 datiert wird.
Mehr zum chinesischen Holzschnitt
Europa
In Europa entwickelte sich der Holzschnitt weitaus später.
Das Bedrucken von Stoff mit einer hölzernen Matrix war zwar seit vielen
Jahrhunderten üblich, aber erst mit der beginnenden Papierproduktion
in Papiermühlen in den 1390ern war die Bedingung für den Holzschnitt
geschaffen.
Abb.: Holzschnitt nach westlicher Technik mit Ölfarben gedruckt, 2002
So entstanden die ersten Holzschnitte, damals Formschnitte
genannt, um 1400 und dies meist in Zuammenarbeit von spezialisierten Handwerkern.
Vom Zeichner wurde ein Entwurf auf Papier geliefert oder direkt auf die Platte
gezeichnet, der vom vom "Formschneider" geschnitten und vom "Briefmaler"
gedruckt und oft auch koloriert wurde.
Verwendet wurde vor allem das Holz von Birne, für sehr
feine Schnitte auch das harte Holz des Buchsbaum, für großflächige
Platten die weiche Linde. Das spitze Linienmesser wurde wie ein Bleistift gehalten,
der Rest des Holzes mit Hohleisen und Stechbeiteln entfernt. Gedruckt wurde
anfänglich offenbar nach der Methode des Stempelns, d. h. indem die Holzplatte
auf ein Papier gepresst wurde. Prkatikabler war es, das Papier auf den Druckstock
zu legen und mit einem Gerät abzureiben. Später wurde auch mit Pressen
gedruckt, vor allem nach der Erfindung des Buchdrucks. Anfänglich wurde
sowohl mit Wasser- als auch mit Ölfarbe gedruckt, später setzte sich
der Gebrauch von Ölfarbe durch.
Die ersten Holzschnitte waren Spielkarten und Einblattdrucke,
oft Bilder von Heiligen. Stilistisch beginnt der Holzschnitt in Europa am Ende
der hohen Gotik und zeigt deren klare spirituelle Linie.
Auf die Einblattdrucke folgten um 1430 die Blockbücher:
mehrere gedruckte Einzelblätter, die gebündelt und zu Bücher
gebunden wurden, und deren Text zunächst handschriftlich eingetragen, später
eingeschnitten wurde. Beliebte Themen der Blockbücher waren die Biblia
Pauperum/Armenbibel, der Totentanz oder Planetenbücher.
Mit Gutenbergs Erfindung der Typografie um
1440 überlebte sich das Blockbuch. Text und Bild wurden getrennt, und das
Verhältnis von Bild und Text kehrte sich um – war im Blockbuch das
Bild primär, so war es jetzt der Text. Beim Druck von Druckpressen wurde
die Höhe der Holzstöcke der Höhe der Bleilettern angepasst.
Um 1500 erlebte der Holzschnitt als Buchillustration
eine Blüte, deren Zentrum Deutschland (Augsburg, Ulm, Nürnberg) und
die Niederlande waren. Eines der wichtigsten Werke dieser Zeit ist die "Schedelsche
Weltchronik", die mit 2000 Holzschnitten illustriert ist. Gedruckt wurde
sie von rund 100 Gesellen an 24 Druckpressen in Nürnberg.
In der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts änderte sich der Holzschnitt
stark: mit stärkerer Binnenzeichnung und Schraffuren wurden
relistischere Darstellungen von Raum und Licht erzielt. Der
Holzschnitt wandelte sich zur Kunstform und es entstanden Holzschnitte von hohem
künstlerischen Niveau, u. a. von Hans Burgkmair, Lucas Cranach, Hans Baldung
Grien und Lucas van Leyden. Die Formschneider, die diese anspruchsvollen Entwürfe
umsetzten, erfuhren größere Anerkennung und hinterließen teilweise
ihr Siegel im Bild.
Mit Albrecht Dürer (1471-1528) aus Nürnberg
erreichte der Holzschnitt eine neue Ebene. Seine großen Holzschnitt-Folgen,
allen voran die "Apokalypse" mit ihren monumentalen und dramatischen
Kompositionen, brachten ihm durch ihre Eindringlichkeit viel Ruhm ein und dem
Holzschnitt neue Geltung.
Mit dem Barock und seiner eher höfischen Kunst verlor der
Holzschnitt an Bedeutung. Kupferstich und Radierung entwickelten sich zu den
gebräuchlichsten Drucktechniken in ganz Europa.
Mitte des 18. Jahrhunderts entstanden in England die ersten
Holzstiche. Dabei wurde hartes Holz wie Buchsbaum, meist als
Hirnholz, d. h. eine gegen die Maserung geschnitte Platte, mit Sticheln auf
feinste Art bearbeitet. Mit dem Holzstich wurden vor allem Bücher illustriert,
aber auch Zeichnungen von Künstlern reproduziert, wie Menzels Mappe "Geschichte
Friedrichs des Großen". Mit der Entwicklung des photographischen
Klischeedrucks wurde das aufwendige Stechen unökonomisch.
Die gegen Mitte des 19. Jahrhunderts einsetzende Bewegung von
Künstlern zur Schaffung von Druckgraphik als "Künstler-"
oder "Originalgraphik" schloß die Arbeit mit
dem Holzschnitt zunächst nicht ein. Einen starken Impuls auf dessen künstlerischen
Gebrauch hatte allerdings die Öffnung von Japan im Jahr 1867 und die daraus
folgende Veröffentlichung der japanischen Farbholzschnitte. Künstler,
die den Holzschnitt auf neue Art behandelten waren u. a. Gauguin, Munch und
die deutschen Expressionisten der "Brücke".
Abb.: Holzschnitt mit Ölfarben, 2000
Technik
Holz
Für den Holzschnitt eignen sich vielerlei Hölzer.
Empfehlenswert für feine detailreiche Entwürfe sind die harten feingemaserten
Hölzer von Obstbäumen wie Kirsche und Birne. Leichter zu schneiden
sind Erle oder das weiche Holz der Linde. Auch einige Sperrholzsorten können
verwendet werden.
Transfer des Enfwurfs
Der Entwurf wird entweder direkt auf den Holzblock gezeichnet
oder mit Kohlepapier übertragen.
Nach asiatischer Tradition wird der Entwurf auf einem dünnen Papier ausgeführt,
dieses auf den Holzblock geklebt und die Papierfasern abgerieben, bis sich nur
noch die Zeichnung auf dem Block befindet.
Schneiden
Zum Schneiden stehen verschiedene Schnitzwerkzeuge zur Verwendung
wie Linienmesser, Flach- und Hohleisen, Geißfüße, sowie heute
außerdem diverse Maschinen. Je detailreicher, desto weniger tief muss
geschnitten werden. Zwischendurch müssen die Schnitzwerkzeuge regelmäßig
geschärft werden.
In Asien werden Umrisslinien nach wie vor mit einem Faustmesser geschnitten
(in Japan mit dem hangi-to, in China mit dem quan dao).
Druck
Zum Drucken des Holzschnitts wird im Westen Ölfarbe verwendet.
Diese wird mit einer Rolle in einer dünnen Schicht gleichmäßig
aufgerollt. Auf den eingefärbten Druckstock wird das Papier gelegt und
mit einer Presse gedruckt bzw. mit der Hand mit einem Löffel oder einem
anderen Reibewerkzeug abgerieben. Die Farbschicht sitzt auf dem Papier.
Im
japanischen Holzschnitt wird zum Druck Wasserfarbe verwendet, die mit Reispaste
vermischt mit einem Pinsel auf dem Druckstock verteilt wird. Ein angefeuchtetes
Papier wird auf den eingefärbten Stock gelegt und mit dem baren,
dem japanischen Reiber, abgerieben. Dabei dringt die Farbe tief ins Papier ein.
Im
chinesischen Holzschnitt wird mit Wasserfarbe, aber ohne Reispaste auf trockenes
Papier gedruckt.
Abb.: Holzschnitt nach japanischer Technik mit Wasserfarben,
Prägedruck, 2003
Literatur
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Sotriffer, Kristian: "Die Druckgraphik – Entwicklung,
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Saff, Donald; Sacilotto, Deli: "Printmaking: History and
Process", Wadsworth Inc Fulfillment, New York, 1978
Walker, George A.: "The Woodcut Artist's Handbook –
Techniques and Tools for Relief Printmaking", Firefly Books, 2005
Westley, Ann: "Relief Printmaking", A & C Black,
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Wye, Deborah: "Artists & Prints – Masterworks
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